Rennberichte

Nachdem der Hamburg Marathon aus gesundheitlichen Gründen unerfreulich verlief, versuchte ich mich wieder am Rennsteig auf der Marathonstrecke, die bis 2016 sogar 43,5 km lang war, in den letzten beiden Jahren durch eine Streckenänderung hinter dem 2. Verpflegungspunkt um einen Kilometer verkürzt wurde und dadurch jetzt nur noch geringfügig länger als die offizielle Distanz von 42,195 km ist. 

Meine Streckenbestzeit datierte noch aus dem Jahr 2014 und betrug langsame 4:20 h, eine Zeit die ich dieses jahr deutlich verbessern wollte. Als Ziel setzte ich mir eine Zeit zwischen 3:30 und 3:45 h, das sollte nach den Ergebnislisten der Vorjahre für die ersten 30-40 meiner Altersklasse reichen.

Die Wetterprognose entwickelte sich im Lauf der Woche positiv, sah anfangs noch nach Dauerstarkregen aus, stellte sich im Laufe der Woche heraus, dass das Tiefdruckgebiet schon einen halben Tag vorher durchzieht (am Freitag Abend in Neuhaus goss es dann auch aus Kübeln) und der Renntag trocken und sogar halbwegs sonnig ist.

Am Vorabend in Neuhaus traf ich Norman, der ebenfalls teilnahm, aber es eher gemütlich angehen wollte. Auch Maiks Frau Marion startete für Ostwest, ich hörte sogar Ihren Namen im Ziel in Schmiedefeld vom Streckensprecher, aber ich habe weder sie noch Maik getroffen.

Da mit Tempozielvorgaben bei diesem Streckenprofil kaum was zu machen ist, ständig geht es rauf oder runter, dazu kommen noch Wurzeln, grober Schotter, Wiesenstücke usw, entschied ich mich nach Puls laufen. Nach meiner hfmax von 173 errechnete sich nach den gängigen Empfehlungen ein optimaler Marathonpulsbereich von 147 (85%) - 153 (88%), vor allem bei Anstiegen wollte ich den oberen Wert nicht überschreiten, solche Fehler verzeiht der Rennsteig nicht und wie es einem geht, wenn man den Rennsteig zu schnell angeht, hatte ich noch von 2013 und 14 präsent im Schmerzgedächtnis.

Dennoch: es ist schwerer, so einen Lauf am Limit - aber nicht drüber - zu laufen als bei einem mehr oder weniger flachen Stadtmarathon. Die Erfahrung von vier Teilnahmen (2 x normal, 2 x Super) hilft sicher, aber die Unsicherheit bleibt, auch während des Laufens und erst als ich hinter Frauenwald (bei km 38) den letzten Anstieg vor dem Stadion oben und kein Wadenkrampf in Sicht war, wußte ich, heute kommst du krampffrei durch.

 Das Rennen selbst : Nach dem obligaten Rennsteiglied und dem Schneewalzer im Chor von 3000 Läufern (muss man mal erlebt haben, Gänsehaut) den ersten Kilometer nach dem Start bewußt langsam angelaufen, und ab der Tankstelle auf dem Rennsteig das Renntempo aufgenommen. Danach geht es erst mal 4 km bergab und dabei habe ich erfreut festgestellt, dass bergab auch eine Pace von 4:00 bis 4:15 (umgerechnet 14,2- 15 km/h) mir keine Probleme bereitet, überhaupt kein Vergleich zu Hamburg, wo ich bei diesem Tempo Schmerzen hatte.. Auf den ersten 5 km viele Plätze gut gemacht, bei km 9 dann der erste richtige knackige Aufstieg, bewußt nach Puls gelaufen, von vielen überholt worden, die zum Teil keuchend hoch rasten, viel Freude werden die langfristig daran vermutlich nicht gehabt haben. Die Quittung bekommt man dann bei km 35.
Bei km 17 dann der erste Scharfrichter der Strecke, der fast 1 km lange Aufstieg zur Turmbaude von Masserberg, auch dieser nach Puls gelaufen, anders als bei den ersten beiden Anstiegen fast nicht überholt worden, dafür einige gesehen, die schon walken mussten und selbst relativ viele überholt.

Beim Abstieg von der Turmbaude erstmalig festgestellt, dass die Rennschuhe vielleicht doch ein bisschen zu wenig gedämpft waren, die Splitsteine drückten von unten durch die Sohle in den Fuß, das war schmerzhaft und wurde noch schmerzhafter im Lauf des Rennens, aber es ging dann doch gut.

Bei halber Strecke Laufzeit von 1:39 h und das trotz der Höhenmeter, da wußte ich, dass ich heute schnell bin, wenn ich keine Krämpfe o.ä. bekomme.. Meine Garmin gab eine Hochrechnung von 3:26 h aus, nachdem ich die steile Rinne hinter Masserberg gut (wenn auch langsam, da vorsichtig gelaufen) überstanden hatte und sich die Prognose nur unwesentlich verschlechtert hatte, entschied ich mich eine Zeit unter 3:30 zu versuchen.

Ich hatte eine Gruppe mit etwa 10 Läufern meiner Preisklasse gefunden, mit denen ich dann das “false flat” rüber nach Neustadt in Angriff nahm. Die Steigung ist kaum zu sehen, aber sie ist da und die Beine spüren sie. Häufig läuft man dieses Teilstück zu schnell, wenn man nur auf die Paceanzeige schaut und sein “Flachtempo” erreichen will.

Ich schaute auf die Pulsanzeige und die Mitläufer, die teilwese etwas weggezogen waren, waren bei der Verpflegung in Neustadt, bei km 29, wieder eingeholt.

Hinter Neustadt dann die fieseste Rampe der Strecke, der Große Burgberg, zwar nur kurz, aber 20% Steigung, Ich bin ihn gegangen, viele andere in meiner Gruppe auch, das war dann auch (absolut) gesehen der langsamste Kilometer mit einer Pace von 6:00. Hinter dem Burgberg steil bergab und danach in drei sanften Wellen bergauf zum höchsten Gipfel des zweiten Teilabschnitts, dem Großen Dreiherrenstein.

Zwischenfazit: Beine nicht mehr frisch, aber echte Probleme sind anders. Das läuft heute.
Die Stücke bergab nach Frauenwald führten wieder zu einer “4:15” auf der Paceanzeige, selbst der kleine Gegenanstieg war dieses Mal laufbar und ich musste nicht gehen. Da kam schon erste Euphorie auf.

Dann die letzte Verpflegung bei Frauenwald und den letzten kleinen Gegenanstieg hoch, bevor es steil bergab nach Schmiedefeld geht.

Erst auf den letzten 2-3 km merkte ich, dass es mit den Reserven zu Ende geht. Ab dem Asphalt in Schmiedefeld (eine Wohltat für die Fußsohlen) wurde dennoch beschleunigt und dann die letzte fiese Rampe hoch zum Sportplatz.
Der puls ging hoch an den Anschlag, oben an der Kuppe vorm Stadion hatte ich vermutlich 20 Laktat und meinen Gesichtsausdruck will ich gar nicht wissen, aber ich habe mich durchgequält. Die Stadionrunde mit Unmengen an Zuschauern war ein einziger Genuß, erst recht als die Uhr 3:28 anzeigte. Der Rest war feiern.

Ergebnis: 3:28:39 h (btw. fast 30 Minuten schneller als der frühere 800 m Olympiasieger Nils Schumann und nur 5 min langsamer als der frühere Rennrad-Profi Sebastian (Seppl) Lang (Team Gerolsteiner ua.).)
Platz 17 von 473 in der AK 50 (unter den besten 3,5% der AK 50) und Platz 145 von 2429 Männern gesamt (beste 6 % Männer gesamt)).
Auch Marion und Norman konnten ihre Läufe erfolgreich abschließen. Ein erfreuliches Wochenende!

Wolfgang Kölsch

 

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