Rennberichte

Niemand hat die Absicht, einen schnellen Marathon zu laufen … 

Nachdem der Dezember mangels Schnee ein prima Trainingsmonat war, sah ich mich an Weihnachten nach einem kleinen Formtest um und entdeckte den Leipziger Wintermarathon. Es handelt sich um einen 42,2 km Lauf im schönen Leipziger Clara-Zetkin-Park, bestehend aus 8 Runden a 5 km und einer verkürzten Schlussschleife über 2.2 km. Von normalen Marathons unterscheidet er sich dadurch, dass es ein reiner Teamwettkampf von 3er Teams ist, bei dem die Zeit des langsamsten Läufers der 3er Gruppe für die Ergebnisliste maßgeblich ist.

Da sich in meinem Umkreis niemand anderes fand, setzte ich meinen Namen in die Teambörse und suchte nach 2 weiteren Mitläufern. Als geplante Zeit gab ich 4:15 h bis 4:45 h an, also ein eher gemütliches Tempo, es ist schließlich Januar, niemand ist in Form, es kann Matsch/ Schnee /Eis  auf der Strecke sein usw. 

Nach wenigen Tagen fanden sich zwei andere Interessenten, beide direkt in Leipzig wohnhaft. Über Google fand ich heraus, dass sie beide erfahrene Ultramarathonläufer waren, Wolf-Dieter absolviert den Rennsteig-Supermarathon dieses Jahr zum 20. Mal, Thomas, der Dritte, hatte letztes Jahr eine Marathon-Bestzeit von 3:30 h gelaufen. Ob das gut geht oder ob die mich vergleichsweises Greenhorn nicht am Ende ins Ziel tragen müssen? Beide versicherten glaubhaft, dass auch sie keinen schnellen Marathon laufen wollen, sondern -wie ich- nur einen langen Trainingslauf unter Wettkampfbedingungen geplant haben. Wir trafen uns morgens in Leipzig, Thomas holte mich netterweise vom Bahnhof ab und wir sprachen nochmals die Taktik ab. Locker laufen, Tempo 6:15 max 6:00 min/km (= 9.6 – 10 km/h), nicht schneller, kein Tempobolzen.  

Der Start kam und es kam erst mal wie befürchtet. Meine Mitläufer hängten sich an eine schnelle Gruppe vor uns, die Paceanzeige auf meiner Uhr zeigte 5:30 – 5.15 min/km (=10.9 bis 11.4 km/h), das war mir viel zu schnell für den Anfang einer so langen Strecke. Auf meine Bitte liefen sie etwas langsamer wir lagen dann bei etwa 10.5 km/h. Das war zwar auch schneller als geplant, aber ich fühlte mich wohl und so ging es dahin. Etwa bei km 12 musste ich eine kleine Pinkelpause einlegen, die anderen liefen -wie abgesprochen- weiter und ich forcierte das Tempo, um sie wieder einzuholen. Entgegen meiner Erwartung fiel mir das überhaupt nicht schwer, ich holte die beiden ein und wir steigerten uns gemeinsam auf das schnellere Tempo von mir. 

Es kam km 21.1 und somit die Hälfte der Strecke, auf der Uhr stand 1:58 h, meine schnellste jemals gelaufene Halbmarathonzwischenzeit in einem Marathon. Da war ja sogar eine Gesamtzeit unter 4 h drin, was ich mir eigentlich erst für das Frühjahr als Ziel gesetzt habe! Das ist ja irre! 

Ab diesem Zeitpunkt versuchte ich das Tempo in unserer Dreiergruppe zu bestimmen und noch ein wenig nach oben zu steigern, was mir auch bis km 30 ganz gut gelang. Die 5 km zwischen 25 und 30 liefen wir in 27 min, ein Schnitt von über 11 km/h. Zu meiner großen Überraschung hatten die anderen beiden aber leichte Schwierigkeiten, an mir dran zu  bleiben, vor allem Wolf-Dieter bekam Probleme mit den Hüften. Kurz hinter km 30 bat er darum, dass wir  langsamer weiterlaufen, er hatte ersichtlich Schmerzen. Wir drosselten darauf das Tempo und liefen die nächsten rund 10 km nur noch mit knapp über 9 km/h, blieben aber weiter zusammen, während viele andere 3er Teams zwischenzeitlich gesprengt waren. So kamen wir dann gemeinsam mit 4:04 min ins Ziel und belegten einen sehr guten 25 Gesamtplatz von rund 80 Teams und sogar Platz 11 in der Seniorenklasse. 

Einerseits ist es schade, dass ich die 4 h Grenze wieder nicht geknackt habe, obwohl sie gestern in greifbarer Nähe war. Es ist natürlich spekulativ, welche Zeit ich alleine bzw. nur mit Thomas gelaufen wäre, aber ein bisschen schneller hätte ich schon gekonnt und so riesig war der Abstand zu 3:59 nicht, aber Team ist Team und wenn ich vorher selbst 4:15 h als Ziel ausgebe, kann ich nicht maulen, wenn wir hinterher fast eine Viertelstunde schneller sind. Außerdem: hätte ich das Saisonziel für die erste Jahreshälfte bereits am 18.1. bei einem als Trainingslauf geplanten Wettkampf geknackt, hätte ich schon gleich wieder alles umplanen müssen ;-)

 

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