Die elfte Plage und das Zeichen Moses


Die letzen Tage vor dem Marathon schenkten uns herrlichstes Trainingswetter und sommerliche Temperaturen über 20 Grad.

Optimistisch und sonnenverwöhnt startetenwir am Samstagmorgen gegen 8 Uhr unsere kurze Anreise (90min) ins Sauerland. Dass der Wetterbericht kein schönes Wetter vorhergesagt hatte, wussten wir, was uns auf der
Strecke tatsächlich erwartete noch nicht.

Wie hatten erst wenige Kilometer auf der Autobahn zurückgelegt, als uns das erste wichtige Zeichen dieses Tages begegnete: Karpfen (Cyprinus carpio) auf der Autobahn A4, die waren zwar nicht vom Himmel, dafür aber von einem LKW gefallen und führtenzur Vollsperrung der Gegenfahrbahn. Mangels Kühlmöglichkeiten hielten wir nicht an, um den Kofferraum volzuladen, sondern setzten unseren Weg ins Sorpetal fort. Wir kamen dort pünktlich beieinsetzendem Schneefall (?)
an. Große Verwunderung, denn wo kommt dieser Temperatursturz her?

 

Da es noch knapp eineinhalb Stunden bis zum Start waren und wir für winterliche Verhältnisse nicht die notwendige Ausrüstung zur Bewältigung der Langdistanz mitführten, machten wir uns bei jeder Wolkenlücke (insgesamt zwei) Mut, das es dochnoch wärmer werden könnte (wenigstens 10 Grad – bitte!)
Nichts da! 11:00 erfolgte der Start für uns und alle ca. 1000 Teilnehmer auf die durchgeweichte Strecke. Der Sprecher redete irgendwas von Schnee auf der Wildenwiese, dem schenkten wir aber keine wirkliche Beachtung. Schneefallgrenze 300m? Hatten wir im Januar ☺.
Ingo machte sich auf die Mitteldistanz – 55km. Daniel und Ando versuchten sich an der Langstrecke – unter normalen Bedingungen kein Problem. Bekleidung an diesem Tag: Hosen lang, Trikots und Westen lang.

Dass ausgerechnet die dünnen Crosser-Handschuhe ausschlaggebend über Durchhalten oder Aufgeben sein sollten, konnten wir noch nicht ahnen. Dickere hatten wir nicht mit und es gab auch keine zu kaufen (damit wäre an diesem Tag ein dickes Geschäft zumachen gewesen).
Wir kamen alle drei gut vom Start weg, rollten im Mittelfeld mit und überwanden die Staus auf den ersten Metern im Gelände. Daniel und Ando zügelten ihr Tempo und teiltensich die Kräfte für die 100 km ein, Ingo folgte kurz dahinter und wollte die 55 km unter 3Stunden beenden.

Die ersten 20 km ging es gut voran und trotz Temperaturen um den
Gefrierpunkt wurde uns nicht kalt. Einsetzender und anhaltender Regen und später Schneefall auf der ersten langen Abfahrt, brachten uns an den Rand der Kältegrenze. Gefrorene Finger, ausgekühlte Muskulatur, durchgeweichte Kleidung und Schuhe trotz Westen und Überschuhen ließen
uns noch nicht am Vorhaben zweifeln, denn im ersten Anstieg wurde uns schnell wieder warm, zumindest an den Beinen, die Finger spürten wir schon nicht mehr, also zählen die nicht.

Was MANN nicht spürt, tut nicht weh. Als wir wieder richtig Tritt gefasst hatten, ereilte Daniel ein Plattfuss und wir mussten
mittlerweile einen Temperaturunterschied zur Körpermitte von locker 20 Grad zueinen neuen Schlauch einziehen – dazu braucht man neben Werkzeug - na? Richtig! – Die Finger! Die waren klamm, als hätten Sie eine Nacht im 4Sterne Gefrierfach gelegen und genauso verlief der Reifenwechsel. An dieser Stelle überholte uns Ingo. Ausgekühlt machten wir uns nach knapp 10 Minuten wieder auf die Strecke, um Ingo einzuholen und das Rennen mit ihm gemeinsam zu beenden, denn unsere peripheren Körperteile hatten verkraften. Schade – aber der Wahnsinn sollte nicht in Wahnwitz umschlagen, schließlich ist die Saison noch lang. Die letzten Abfahrten waren so schlammig, das der Eindruck entstand, die Reifen teilten den Modder. Dieses Phänomen sorgte für ein paar gesunde Lachsalven auf den letztenKilometern, denn Daniel hatte hinter Ando fahrend im Downhill wohl die die zweite biblische Eingebung oder Kältehaluzinationen, denn er rief Ando (Moses) zu:
Moses – Teile den Schlamm! *
Um Haaresbreite hätte Daniel dann auf den letzten Metern runter ins Ziel noch eine 10er Weißesche geteilt, bevor er für Ingo den Zielsprint anziehen konnte. So kamen wir nach 3 Stunden lachend und eiskalt ins Ziel.

Bibbern rollten wir zurück zum Auto, wechselten
unsere Sachen und unterzogen unsere schlammverkrusteten Sachen einer indischen Wäsche im nahe liegenden Gebirgsbach – sonst hätte die BOSCH wohl verloren. ☺

*“Als nun Mose seine Hand über das Meer reckte, ließ es der HERR zurückweichen durch einen starken Ostwind die ganze Nacht und machte das Meer trocken, und die Wasserteilten sich. Und die Israeliten gingen hinein mitten ins Meer auf dem Trockenen, und dasWasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken“

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