Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt
Am gestrigen 1. Mai fand mein erstes Rennradrennen für diese Saison statt. Nach mehrfachen Namensänderungen heißt es nun "Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt", wesentlich bekannter ist noch der alte Name "Rund um den Henninger Turm", der aufgegeben wurde, nachdem sich die Henninger Brauerei aus dem Radsport Sponsoring zurück gezogen hat.
Da am 30.4.2010 eins unserer Kinder Geburtstag hat, war eine Anreise am Vortag natürlich nicht möglich, sondern es klingelte am 1.5. um 04:50 h der Wecker (*brrr*). Der kurzzeitige Gedanke, sich gemütlich umzudrehen und das Rennen Rennen sein zu lassen, verflog zum Glück schnell. 30 min später saß ich im Auto und düste über die schon fast gespenstisch leere Autobahn Richtung Frankfurt. Am Start in Eschborn war dann allerdings die Hölle los, kein Wunder bei rund 1.500 Teilnehmern.
Aufgrund meines guten Ergebnisses bei Rund um Köln im letzten Jahr durfte ich in einen ordentlichen Startblock und musste nicht wieder von ganz hinten losfahren. Pünktlich um 09:00 fuhr der Startblock A los, bis wir in Block D dran waren, dauerte es nochmals circa 2-3 min. Leider hatte es zeitgleich mit dem Start begonnen zu regnen und dieses Wetter begleitete uns auf den ersten 1,5 Stunden. Ähnlich wie auf den ersten Kilometern des Possenlaufs fuhr man ständig in der Gischt des Vordermanns, aber lieber nass als Wind von vorne. Offenbar sind dieses Jahr Schlechtwetterrennen angesagt ;-)
Nachdem die ersten 2-3 Kilometer irgendwie verhalten liefen, ging es danach im Feld "zur Sache". Bis zum Anstieg zum Feldberg habe ich das kleine Kettenblatt vorne nicht mehr benutzt, das Tempo war enorm hoch. Gerade dieses Tempofahren auf abgesperrten Strecken macht einen guten Teil des Reizes von Jedermannrennen aus. Wann hat man sonst mal die Chance auf dem Rad mit Tempo 40-45 durch Frankfurt City zu "fliegen"?
Apropos "Fliegen" das nahmen ein paar Teilnehmer leider zu wörtlich. Zwar war die Disziplin im Feld eigentlich sehr gut, jedenfalls in dem Teil, den ich gesehen habe. Abgesehen von einem Spinner, der an einem Verpflegungsstützpunkt quer über die Fahrbahn kreuzte, um sich eine Flasche abzuholen (und danach von den anderen Mitfahrer wüst beschimpft wurde, weil es brandgefährtlich war), wurde sehr vorsichtig gefahren. Spurwechsel und Hindernisse wurden angezeigt, die Führung im Wind wechselte ohne große Worte.
Dennoch gab es Stürze, was vor allem daran lag, dass die Teilnehmer das Risiko glatter Straßenbahnschienen bei Nässe unterschätzten. Ich bin in der Hinsicht aus Erfurt Kummer gewohnt und weiß, wie gefährlich das ist, andere kennen das offenbar nicht. Obwohl der Veranstalter zum Teil sogar noch mit Lautsprecherwagen an heiklen Stellen vor glatten Schienen warten, lagen an fast jeden Gleisübergang Räder und Fahrer auf den Fußwegen herum und warteten auf Material- oder Saniwagen. An einer Stelle in der Frankfurter City hatte es eine Frau besonders schlimm erwischt. Sie blutete aus den Beinen und sogar aus dem Gesicht, das sah übel aus; danach fuhr das Feld an Gleisen merklich vorsichtiger. Bis zur Teilung der Strecke in Oberursel war das Tempo dennoch enorm hoch, nach meinem Tacho war es bis dahin ein Schnitt von 37,7 km/h (!).
Danach ging es aber hoch in Richtung Feldberg und der Charakter des Rennens änderte sich von Windschattenhatz in Richtung Bergrennen. Leider verschlechterte sich auch meine Platzierung. Während ich auf dem flachen Teil viele überholte, haben mich bergauf wieder einige kassiert. Die Berge des Taunus sind eher Rollerberge und anders als die im Thüringer Wald oder gar im Harz. Nur ganz selten zeigte mein Tacho mal mehr als 7% Steigung an, meist waren es nur 4-5%. Da ich die Berge aber nicht kannte und mir noch ein bisschen Reserve lassen wollte, bin ich sie vermutlich zu vorsichtig angegangen. Jedenfalls fuhr ich alle drei Zacken des Höhenprofils ohne ernsthafte Probleme hoch und kam nicht mal in die Nähe meines "Anschlags". Vermutlich habe ich hier Zeit liegen lassen. Falls ich nächstes Jahr wieder teilnehme, werde ich im Taunus mehr riskieren.
Leider war die Kuppe des Feldberg gesperrt worden, weil sich -wie mir nach dem Rennen Freunde aus Frankfurt erzählten- sich in den Wochen vor dem Rennen ein Motorradfahrer aufgrund eines Schlaglochs am Feldberg zu Tode gestürzt hat. Daher führte die Strecke nicht über den Gipfel, sondern etwa 150 Höhenmeter tiefer um diesen herum.
Auf den Abfahrten habe ich dann wieder Plätze gut gemacht und ein paar eingeholt, die mich bergauf passiert hatten. Am Ende des Taunus, zwischen Eppstein und Hochheim, so bei km 75 bis 80 war ich dann in einer Dreierguppe etwa 100 Meter hinter einer größeren Gruppe. Wir wußten alle drei: wenn wir uns in der Platzierung noch verbessern wollen, müssen wir die Gruppe da vorne SCHNELL einholen, sonst sind die weg. Daraufhin praktizierten wir ohne irgendwelche Absprachen ein "Mannschaftzeitfahren" und rasten mit Tempo 40 hinterher. Kurz hinter Eppstein hatten wir sie, aber dieser Teil hat mich doch enorm viele "Körner" gekostet. Ich merkte es daran, dass mein linkes Bein leichte Krampfansätze zeigte und ich auch nicht mehr richtig beschleunigen konnte. Wäre ich oben am Berg schneller gewesen, hätte ich mir diesen Part vermutlich sparen können.
Jedenfalls hatte ich in der Folge Probleme, kleinere Lücken zum Vordermann zu schließen, was mir bis dahin nie schwer fiel. Etwa drei Kilometer vorm Ziel gab es nochmal eine kleine Steigung, am Anfang wäre das kein Problem gewesen, aber jetzt zersprengte es die große Gruppe in 3 Teile. Ich konnte mit den schnellsten nicht mehr mitgehen, sondern landete in der mittleren Gruppe, mit der ich nach etwas mehr als 3 Stunden ins Ziel rollte. Auf einen Sprint verzichtete ich, da ging nichts mehr.
Heute sind die Platzierungen im Netz: ich habe mein wichtigstes Ziel erreicht, nämlich ein Platz unter den ersten 50% meiner Altersklasse (Platz 228 von 582 Startern) und somit besser abgeschnitten als bei Rund um Köln letztes Jahr, wo ich noch in der zweiten Hälfte war. Darüber hinaus bin ich sogar noch in den ersten 50% der Männergesamtwertung gelandet (Platz 644 von von 1450 Startern), womit ich alter Mann nicht gerechnet hatte.
Nur das ultimative Ziel, ein Platz im ersten Drittel meiner Altersklasse habe ich um rund 30 Plätze bzw. 4 Minuten Fahrzeit verfehlt, aber man muss sich auch noch was für nächstes Jahr lassen ;-)
Nun überlege ich doch noch am nächsten Jedermannrennen der German Cycling Cup Serie, Rund ums Schleizer Dreieck teilzunehmen, auch wenn mir der Termin eigentlich nicht so gut passt. Mal sehen ...
Gruss an alle
Wolfgang