Bei strahlendem Sonnenschein startete morgens um 10:00 der Basetrail XL in Mittenwald auf rund 800 m Höhe. Es ist zwar nur die zweitkürzeste Strecke, die im Rahmen dieses Wettbewerbs angeboten wird, aber auch diese hat es mit 40, km und über 2.000 Höhenmeter, sowohl hoch als auch runter, schon in sich.
Nach dem eher gemütlichen Einlaufen auf den ersten km hatte ich mir das Ziel gesetzt,beim Puls nicht über 80% meiner maximalen Herzfrequenz zu landen, mithin ein gutes Stück weniger, als ich bei normalen, flachen Stadtmarathons laufe (dort liege ich bei etwa 85 % der maximalen Herzfrequenz), um Reserven zu haben.
Nachdem Durchlaufen des malerischen Örtchens war bereits am Ortsende von Mittenwald die erste Rampe zu überwinden, die hinsichtlich Steilheitsgrad und Serpentinen Ähnlichkeiten zur „Wengener Wand“ beim Jungfrau Marathon hatte(allerdings war sie ein gutes Stück kürzer). Oben angekommen ging es erst mal bis zum km 6 wellig dahin.Leichte Anstiege wechselten sich mit kleinen Bergabläufen ab.
Das änderte sich nach der ersten Verpflegungsstelle am wunderschön gelegenen Ferschensee. Ab da ging es hinauf, vorbei an Schloss Elmau und über die Elmauer Alm, zum ersten Gipfel des Tages, dem auf rund 1300 m gelegenen Warmberg. Ich hatte inzwischen eine Gruppe mit etwa 10 gleichschnellen Mitläufern gefunden, mit denen ich mich über die Wiesen- und Feldwege in Richtung Westen bewegte. Kurze Zeit nach dem Warmberg war die bekannte Ausflugsgaststätte „Eckbauer“ erreicht, die nur wenige Höhenmeter tiefer lag, danach kam die erste richtige Downhillstrecke des Tages. Sie verlief über viele enge Serpentinen hinunter zur Partnachklamm, einem reißendenGebirgsbach, der weiter fließt nach Garmisch-Partenkirchen. Wir überquerten das Wasser über eine Brücke, auf der gegenüber liegenden Seite ging es sofort steil bergauf zur Partnachalm, dem nächsten Verpflegungspunkt. An diesem Anstieg packte ich erstmalig meine Klappstöcke aus und unterstützte das Bergaufgehen mit den Armen, was auf solch steilen Passagen (ca. 15%-20% Steigung) durchaus Vorteile hat. Kilometermäßig war an der Partnachalm zwar gut die Hälfte geschafft, von den Höhenmetern war es dagegen noch ein Stück weniger. Eigentlich ging jetzt, nach etwas mehr als 2,5 h, der Lauf so richtig los.
Nach der Partnachalm verliefdie Strecke an einem Bergrücken entlang zunächst leicht bergauf und dann nochmals leicht bergab, ab dem Reintaler Hof bei km 22 auf rund 950 m war dann aber Schluss mit lustig. Es folgten ca. 8 km mit über 1.000 Höhenmetern am Stück, zunächst noch auf einer breiten Forststraße, etwa ab km 24 dann auf einer kaum 1 m breiten Schneise durch den Wald mit Serpentinen, Geröllhängen, Bachläufen, quer liegenden Bäumen bis zum Erreichen eine Hochplateaus auf 1.600 m. Überholen war hier unmöglich, es eng, es war steil und ständig kamen spitzwinklige Serpentinen. Dennoch kam ich im Klassement voran, denn es war quasi ein Ausscheidungsrennen bergauf. Mehrere Läufer vor mir gingen aus dem Kurs heraus, blieben stehen oder setzten sich hin.
Anders als erwartet, kam die Verpflegungsstelle nicht direkt nach Erreichen des Hochplateaus, sondern es dauerte noch gut einen Kilometer mit ca. 100 Höhenmetern länger, bis die Hochalm mit Essen und Getränken erreicht war. Nach kurzer Stärkung und dem Einwurf von Salztabletten ging es weiter. Die Wege waren jetzt wieder breit, aber weiterhin steil, es herrschte eine fantastische Fernsicht auf die umliegenden Berge und die Sonne brannte gnadenlos.
Nach dem Verpflegungspunkt kam das große Finale bergauf, nochmals rund 3 km mit 300 Höhenmetern über steinige, aber relativ breite Bergpfade zum höchsten Punkt der Strecke, dem auf etwas über 2.000 m gelegenen Osterfelderkopf, einem Vorgipfel der Alpspitze, an deren Fuß wir entlang liefen oder genauer: meist gingen. Zwar funktionierte mein „Motor“ ohne Probleme, Puls blieb im geplanten Rahmen und auch die Muskeln machten keinen Ärger. Bis zum Ende hatte ich nie das Gefühl, am Anschlag zu sein, aber den geringeren Sauerstoffgehalt der Luft ab etwa 1.600-1.700 spürte ich durchaus, so dass ich Anstiege gehen musste, die ich im Thüringer Wald sicher noch gelaufen wäre.
Nach fast genau 5 Stunden war der höchste Punkt der Strecke bei km 31 erreicht,ein Panorama so schön wie bei den kitschigsten Alpenfilmen, ein paar Fotos gemacht und weiter. Ab da geht es nach dem Höhenprofil in den Startunterlagenfast nur noch bergab. Ich rechnete: 9 km und diese nur bergab, na da bleiben wir doch locker unter 6 h, oder? DENKSTE!!
Es war das erste Mal in meiner Zeit als Läufer, dass mich ein Bergab Stück mehr forderte als der Weg bergauf. Ein ca. 80 cm breiter ausgesetzter Weg, teilweise mit Halteseilen, Steine in allen Größenstufen, Treppen unterschiedlicher Höhe mit runden, teilweise glatten Holzbohlen, brutal steil und das mit rund 30 km in den Beinen und in der Stabilisationsmuskulatur: es war zeitweise die Hölle!
Einige Male hatte ich Beinahe Stürze, es überholten mich einige Läufer von hinten (wenn auch immer sehr rücksichtsvoll) und ich kämpfte mich über 1.000 Höhenmeter ins Tal, unterbrochen von nur zwei oder drei kurzen Gegenanstiegen oder Flachpassagen. Vor allem der sogenannte Jägerstieg, ab etwa 1.600 m, war real noch schlimmer als ich mir das nach dem Betrachten der youtube Videos ausgemalt hatte. Das war Kampf pur, an manchen Stellen bin ich lieber gegangen, weil mir laufen zu heikelwar.
Zugeben muss ich allerdings auch, dass ich mich ein wenig „verwachst“ hatte. Die Hokas an meinen Füßen waren zwar Trailschuhe, aber für diese extremen Verhältnisse sind sie nicht gemacht, dafür haben die Sohlen zu wenig Profil. Immer wieder knickte ich leicht um oder rutschte weg, es war ein steter Kampf gegen das Fallen. Etwa 3.5 km vor dem Ziel wurde der Weg wieder breiter und gleichmäßiger, die Konzentration ging runter und „rumms“ da lag ich danndoch auf der Nase, ich war über einen Stein oder eine Wurzel gefallen. Kurz sortieren, alle Knochen mal durchzählen, okay, das rechte Bein schmerzt, aber nicht dramatisch, gebrochen ist nichts, Hose ist zwar kaputt und ein paar Schürfwunden, aber nichts ernstes passiert, weiter geht´s.
Die letzten 2 km quasi flach über Asphalt waren dann schon fast Erholung, zwar noch leicht das Tempo angezogen, aber der Läufer vor mir hatte zu viel Vorsprung, da kam ich nicht mehr ran.
Nach 6 h 15 min war ich im Ziel, die Strecke bergab dauerte somit gute 15 min länger als geplant, aber da war nichts zu wollen und ich war froh, dass es mit sehr überschaubaren Verlusten gut ausging. Überraschenderweise, da nicht wirklich auf Zeit gelaufen und mit vielen Fotopausen dazwischen, reichte es zu Platz 14 in der Senior Master Wertung, nur etwa 15 min hinter Platz 10. Da war sogar noch mehr drin, aber das war mir an diesem Tag gleichgültig, es war ein superschöner Lauf zum Genießen, wenn auch extrem anstrengend.
Ich komme wieder!! … dann aber mit griffigeren Sohlen ;)
Mit sportlichen Grüßen Wolfgang